Stadt Ehingen

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Wege der Besinnung und Einkehr auf der Ehinger Alb

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Dächingen

Dächingen, als Haufendorf in einer flachen Mulde gelegen, gehört zu den älteren alemannischen Siedlungen der Ehinger Alb. Nördlich des Dorfes wurden alemannische Reihengräber aufgefunden. Die erstbekannte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 973. Der Flurname „Burgsteig“, etwa 400 m nördlich des Dorfes, lässt dort auf eine abgegangene Burg von Wartstein’schen Dienstmannen schließen, von denen ein Berthold von Dächingen 1263 bis 1271 urkundlich belegt ist. Ende des 13. Jahrhunderts gehörte Dächingen den Herren von Steußlingen, ab dem 14. Jahrhundert denen von Freyberg, später Ulmer und Ehinger Bürgern, bis es nach anfänglichem Streubesitz 1479 größtenteils und 1507 vollends ganz durch das Ehinger Spital erworben wurde und seitdem bis 1805 mit allen gerichtlichen Rechten Teil der Herrschaft Ehingen war.

Die Kirche Zur Schmerzhaften Mutter Gottes in der Ortsmitte von Dächingen wurde nach Abbruch der Wallfahrtskapelle im Ried im Jahr 1848 an der Stelle der früheren Zehntscheuer erbaut. Dächingen gehörte zwar weiterhin zur Pfarrei St. Martin in Altsteußlingen, bekam aber doch seit 1903 für Dächingen zuständige Geistliche (Vikare), 1983 wurde dann das Expositurvikariat Dächingen zur selbständigen Pfarrei erhoben, nachdem 1982 die Wallfahrt zum aus der alten Riedkapelle übernommenen barocken Gnadenbild „Schmerzhafte Mutter Gottes“ wieder belebt wurde. 1993/94 wurde die Kirche vergrößert und erhielt einen neuen Turm. Über dem Hauptportal befindet sich im Tympanon die 1996 geschaffene Plastik „Jesus begegnet seiner Mutter” von Joachim Maria Hoppe.

Die Ausmalung der Wallfahrtskirche stammt von dem Ehinger Maler Lorenz Münch (1903, Triumphbogen) und dem Ulmer Kirchenmaler Kner (1929, Decke). Die Altäre aus der alten Wallfahrtskapelle im Ried wurden im Jahr 1848 von Johannes Baptista Stiehle (1829 - 1899), dem späteren Redemptoristenbruder, abgebaut und in der neuen Kirche wieder aufgerichtet. Der Hochaltar und die Nebenaltäre (um 1798/99) sind trotz der schon über 30 Jahre andauernden neuen Kunstrichtung des Klassizismus noch stark barock geprägt. Sie stammen aus der Werkstatt des Ehinger Bildhauers Fidel Ritter (1733 – 1808) und des Kunstschreiners Harscher. Das Gnadenbild, die eingekleidete Pieta (vor 1620) auf dem Hochaltar, zeigt die Schmerzhafte Mutter mit dem Leichnam Jesu auf dem Schoß. Flankiert wird der Hochaltar von den hll. Sebastian (links) und Wendelin (rechts). Auf den Nebenaltären sind weitere Marienbilder zu sehen. Aus der alten Wallfahrtskirche überkommen sind noch ein Prozessionskreuz (16. Jahrhundert) und ein Opferstock. Von dem in Dächingen geborenen und in Cuenca (Ecuador) gestorbenen Redemptoristenbruder Johannes Baptista Stiehle stammt die Plastik „Engel beten das Jesuskind an“.

Johannes Stiehle ist am 1. Juni 1829 in Dächingen geboren und dort aufgewachsen. Nach Erlernen des Schreiner- und auch des Schmiedehandwerks trat er 1850 im französischen Lothringen als Bruder Johannes Baptista Stiehle in das zwischen Saarlouis und Metz liegende Kloster Téterchen des 1723 gegründeten Ordens der Redemptoristen ein, ein Orden der Volksmission (heute Gemeindemission). Dort wurde Stiehle als Krankenpfleger eingesetzt und auch als Bildhauer und Baumeister an verschiedenen Ordenskirchen in Lothringen und im Elsass. Der Orden der Redemptoristen wurde ab 1896 in Deutschland und damit auch in der preußischen Provinz Elsass-Lothringen verboten. Nachdem das Kloster Téterchen geschlossen war, wurde Bruder Johannes 1873 nach Cuenca / Ecuador gesandt.

Dort war Bruder Johannes in der Stadt Cuenca und Umgebung hauptsächlich als Baumeister für kirchliche und städtische Bauwerke eingesetzt. Sein Hauptwerk ist die 10.000 Gläubige fassende, 1885 begonnene Kathedrale in Cuenca, für deren Planung und Bauleitung er verantwortlich war, deren Fertigstellung er aber nicht mehr erleben durfte, da er im Januar 1899 in Cuenca verstarb und dort auch beigesetzt wurde. Sein Andenken wird in Cuenca wach gehalten: Die Deutsche Schule wurde nach Bruder Johannes B. Stiehle benannt, die Altstadt von Cuenca mit seinen Bauten wurde 1999 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

In Dächingen wird von der etwa 100 Mitglieder zählenden „Gemeinschaft zur Förderung des missionarischen Werkes von Bruder Johannes Baptista Stiehle CSsR e. V.“ Stiehles Andenken gepflegt, u. a. in dem eigens eingerichteten „Archiv zum Leben und Schaffen von Bruder Johannes Stiehle“.